Wie funktioniert konstruktives Streiten?

Das Wort „Streit“ klingt erstmal sehr negativ. Etwas, was wir nicht mögen und eher vermeiden möchten. Verständlich, Harmonie macht mehr Spaß und ist irgendwie einfacher. Doch Streit gehört zu menschlichen Beziehungen dazu und ermöglicht das Klären von unterschiedlichen Meinungen – solange wir konstruktiv streiten. Aus einem konstruktiven Streit gehen beide als Gewinner hervor. Doch das ist oft der Knackpunkt: Wir streiten auf die falsche, viel zu emotionale und aufgeheizte Weise und werden in diesem Zustand schnell unsachlich und verletzend. So wird sich der Streit wahrscheinlich nicht lösen und zur Klärung des Konflikts führen, sondern die beiden Streitparteien nur weiter auseinandertreiben.

Rahmenbedingungen für einen konstruktiven Streit

Wie schaffen wir es also, auf professionelle und konstruktive Weise zu streiten? Zunächst ist es wichtig, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Große Probleme in den 5 Minuten zu lösen, die man noch hat, bevor das Kind in die Schule muss, ist quasi unmöglich. Vielleicht tauchen jetzt Fragezeichen in deinem Kopf auf – denn schließlich entsteht Streit meist genau in solchen stressigen Situationen im Affekt und werden nicht vorab geplant. Doch die Wahrscheinlichkeit für einen „gesunden Streit“ erhöht sich wesentlich, wenn beide Personen genug Zeit und Aufmerksamkeit für die Auseinandersetzung mitbringen. Wenn wir müde oder genervt sind, sind wir irrationaler und leichter reizbar – ganz schlechte Voraussetzungen für einen konstruktiven Streit. Versuche also, einen Streit zwischen Tür und Angel zu vermeiden. Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, sich zu einem passenderen Zeitpunkt nochmal zusammenzusetzen und das Problem in Ruhe anzugehen.

Neben dem „wo“ ist das „was“ auch sehr entscheidend – also unsere Art und Weise zu kommunizieren. Hier kommen die wichtigsten Tipps für eine gesunde Streit-Kultur.

Tipps für konstruktives Streiten

  • Aktives Zuhören & Ausreden lassen:
    Es klingt simpel, ist aber das A und O: Höre der anderen Person aktiv zu, schenke ihr deine volle Aufmerksamkeit und lass sie vor allem ausreden. Es geht nicht darum, dass nur du möglichst schnell loswerden kannst, was dir auf dem Herzen liegt – gib der anderen Person die gleiche Möglichkeit, ihre Sichtweise zu äußern.
  • Ich- Botschaften statt Du-Botschaften
    Formuliere deine Sätze in Ich-Botschaften, statt in Du-Botschaften. Schildere also deine Wahrnehmung der Situation, anstatt der anderen Person Vorwürfe zu machen. Erkläre deinem Gegenüber, was sein Verhalten bei dir auslöst und wie du dich deshalb fühlst. So wird dein Gegenüber dich viel besser verstehen.
  • Vermeidung von Verallgemeinerungen
    Beziehe dich auf konkrete Situationen und verallgemeinere nicht – Wörter wie „immer“, „nie“ oder „andauernd“ solltest du eher vermeiden. Schildere deinem Gegenüber anhand konkreter Beispielen, was du meinst. Wenn du nicht pauschalisierst, kann dein Gegenüber darauf viel besser reagieren.
  • Fragen statt Unterstellungen
    Häufig unterstellen wir der anderen Person gewisse Absichten und haben schon Erklärungen für ihr Verhalten parat. Aber stimmt das? Frage die andere Person lieber, warum sie sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten hat, anstatt ihr Dinge zu unterstellen.
  • Sachlich & respektvoll bleiben
    Beziehe dich auf das, was die Person tut, und nicht die Person selbst. Versuche also, nicht persönlich beleidigend oder verletzend zu werden. Genau das tun wir oft, wenn wir uns angegriffen fühlen oder wütend sind.

Jetzt kennst du die richtigen Rahmenbedingungen und Kommunikations-Regeln für einen konstruktiven Streit. Ein letzter, aber ganz wichtiger Tipp – wenn nicht sogar der Wichtigste: Reagiere nicht direkt im Affekt. Wenn man wütend oder verletzt ist, rutschen einem schon mal Sätze raus, die man ein paar Minuten später bereut. Hier hilft es schon, sich ein paar Sekunden zu sammeln und erst dann zu reagieren: Atme dreimal tief durch, verlasse kurz den Raum oder schnappe frische Luft – was auch immer dir dabei hilft, einen kühlen Kopf zu bekommen. So kannst du dich kurz sammeln, bevor du emotional und unsachlich reagierst und den Streit so nur weiter befeuerst.