Funktioniert Heilung ohne echte Medikamente? Eine Studie von WissenschaftlerInnen der Universität Hamburg-Eppendorf zeigt, dass zu behandelnde Personen eine Schmerzlinderung erleben, auch wenn sie nur Scheinmedikamente, das heißt wirkstofffreie Medikamente, erhalten. Das liegt am sogenannten „Placebo Effekt“. Aber was genau ist ein Placebo Effekt?
Unter Placebo Effekt versteht man ein Phänomen, wobei erkrankte Personen eine Verbesserung ihrer Symptome wahrnehmen, obwohl ihnen ein Scheinmedikament ohne echte Wirkstoffe verabreicht wurde. Meist geschieht das ohne das Wissen der zu behandelnden Personen, sodass diese glauben, ein echtes Medikament erhalten zu haben. Das heißt, es wird zum Beispiel eine Tablette verabreicht, die ähnlich aussieht wie das eigentliche Medikament, aber nur aus Zucker und Stärke besteht. Trotz des fehlenden Wirkstoffes können solche Tabletten die gewünschte Wirkung, wie zum Beispiel eine Schmerzlinderung, hervorrufen.
Auch in der Behandlung psychischer Erkrankungen, wie Depressionen oder Schlafstörungen, lassen sich Placebo Effekte feststellen. Hierbei kann nicht nur die Einnahme einer Placebo Schlaftablette (d.h. einer Zuckerpille ohne die schlaffördernden Inhaltsstoffe) den Schlaf verbessern, sondern auch der Einsatz von anderen Formen von Placebo Behandlung. Zum Beispiel könnten erkrankte Personen eine bestimmte Übung verschrieben bekommen, die aus psychologischer Sicht keinen Einfluss auf das Schlafverhalten hat, wie sich 3-mal im Kreis drehen, bevor man sich abends schlafen legt. Wenn durch diese eigentlich irrelevante Übung trotzdem Verbesserungen des Schlafs erreicht werden, ist das auch ein Placebo Effekt.
Wodurch entsteht ein Placebo Effekt?
Placebo Effekte können auf unterschiedliche Art und Weise entstehen, wobei ihre genauen Wirkweisen noch nicht vollständig klar sind. In der Wissenschaft geht man aktuell von zwei verschiedenen Mechanismen aus, über die Placebo Effekte entstehen.
Erwartung: Da erkrankte Personen, die ein Placebo Medikament erhalten meist nicht wissen, dass es ein Placebo ist, erwarten sie eine Wirkung wie bei einem echten Medikament. Das nennt man eine positive Wirksamkeitserwartung. Das heißt, die Erwartung darauf, dass sich durch das Medikament zum Beispiel der Schlaf verbessert, führt dazu, dass sich tatsächlich der Schlaf verbessert. Dieser Effekt ist stärker, je stärker der Glaube an die Wirksamkeit des Medikaments ist.
Erfahrung: Ein weiterer Mechanismus, über den Placebo Effekte entstehen, ist durch die eigene Erfahrung. Wenn man zum Beispiel schon einmal Schlaftabletten genommen hat und weiß, wie gut diese gewirkt hat, kann eine Placebo Tablette, die ähnlich aussieht wie das Original, den gleichen Effekt haben. Die eigenen Erfahrungen beeinflussen dabei nicht nur die Erwartungshaltung, sondern auch die Gehirnfunktion. Das Gehirn erinnert sich nämlich an die Wirkung einer Tablette, sodass ein ähnliches Aussehen oder ein ähnlicher Geschmack dann die gleichen Gehirnareale aktiviert, wie das echte Medikament. Solche unbewussten Vorgänge, die im Gehirn ausgelöst werden, können also einen Placebo Effekt hervorrufen. Die Verknüpfung zwischen der Wahrnehmung, z.B. dem Aussehen der Tablette, und einer direkten Reaktion des Gehirns, nennt man klassische Konditionierung. Durch diese direkte Gehirnreaktion können Placebos zum Teil sogar trotz Mitwissen des Patienten funktionieren. Allerdings schwächt sich der Placebo Effekt bei häufiger Anwendung von Placebo Medikamenten ab.
Grundsätzlich können Placebo Effekte auch beim Einsatz von wirkenden Medikamenten entstehen und so deren Wirkung verstärken. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass sogar bis zu 57,9% der Wirkung eines echten Medikaments einem Placebo Effekt zugeschrieben werden können.