Wie viele Menschen leiden eigentlich an Depressionen? Welche Formen der Depression gibt es und wie lässt sich eine Depression frühzeitig erkennen? Der Juli steht ganz unter der Stärkung unserer mentalen Gesundheit und deshalb wollen wir heute über ein Thema sprechen, worüber oft geschwiegen wird: Depressionen. Das ist natürlich ein riesiges Thema, doch irgendwo sollte man nun mal anfangen. Heute gibt es zuerst einmal einen kleinen Einblick in das Krankheitsbild, Behandlung und mögliche Hilfsangebote.
Was ist eine Depression?
Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die sich auf die Stimmung bezieht. Weltweit sind mehr als 264 Millionen Menschen von einer Depression betroffen, somit gehört sie laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2020) zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Die Hauptsymptome sind, Betroffenen zufolge, eine gedrückte, traurige Stimmung, Interessenverlust und Freudlosigkeit sowie Antriebslosigkeit und Ermüdbarkeit. Daneben kann es noch zu weiteren Symptomen kommen, wie zum Beispiel Konzentrationsschwierigkeiten, Schuldgefühle, Appetitlosigkeit oder Schlafstörungen.
Gibt es DIE eine Depression?
Nein – Depressionen können in unterschiedlichen Formen und Schweregraden auftreten. Auch unterscheiden einige Forscher/-innen nach der Ursache.
- Die häufigste Form ist die Unipolare Depression. Für eine Diagnose müssen mindestens zwei Wochen mehrere typische Symptome der Erkrankung vorliegen.
- Von einer chronisch depressiven Verstimmung (Dysthymie) spricht man, wenn leicht ausgeprägte Stimmungsveränderungen auftreten, die von den Anzeichen her einer Depression ähneln, wie beispielsweise ein bedrücktes, unzufriedenes, melancholisches Gefühl. Diese Beschwerden halten mindestens zwei Jahre an und sind aufgrund ihrer Dauer belastend, auch wenn sie die Betroffenen in ihrem Alltag nicht so stark beeinträchtigen, wie die einer depressiven Episode.
- Eine saisonal bedingte Depression tritt vor allem in den dunklen Monaten zwischen Herbst und Winter auf und ist hauptsächlich durch Lichtmangel bedingt.
- Die postnatale Depression, auch Wochenbettdepression genannt, betrifft Mütter nach der Geburt, aber auch Väter. Zwischen 10 und 20 % der Frauen und 5 bis 10 % der Väter sind betroffen. Ursachen sind zum Beispiel die starken Veränderungen nach der Geburt, hormonelle Schwankungen, Überforderung, Schlafmangel, Beziehungskonflikte und Ängste.
- Die Bipolare Störung geht mit wechselnden depressiven und manischen Phasen einher: In der Depression zeigen sich die typischen Symptome einer niedergeschlagenen Stimmung, in der Manie ist die Stimmung euphorisch. Betroffene sind extrem aktiv, kreativ und zerstreut. Sie schlafen wenig, neigen zu Größenwahn und verlieren teilweise den Bezug zur Realität.
Ob eine leichte, mittelgradige oder schwere Depression vorliegt, hängt von der Anzahl und Intensität der Symptome ab. Hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs wird in die einmalige depressive Episode, die wiederkehrende (rezidivierende) depressive Störung sowie die chronische Depression und die Dysthymie unterschieden. Abhängig von den Ursachen kann eine psychogene (durch lebensgeschichtliche, also umweltbedingte Ereignisse bedingt), eine organische (durch körperliche Ursachen bedingt) oder eine endogene Depression (ohne Vorhandensein von Umwelteinflüssen, zum Beispiel durch eine genetische Disposition) vorliegen.
Mit welchen Vorurteilen haben Betroffene zu kämpfen?
Trotz zunehmender Aufklärung über psychische Erkrankungen werden Menschen mit Depressionen noch immer stigmatisiert. Stigmatisierung umfasst das Charakterisieren von Personengruppen durch negativ bewertete Merkmale. So sind viele, insbesondere psychische Krankheiten mit Vorurteilen verbunden. Durch Stereotype und falsche Annahmen kann das Verhalten gegenüber den Betroffenen bestimmt werden. Die Folge für die Erkrankten: Ausgrenzung und Diskriminierung. Durch die Stigmatisierung werden Menschen mit Depressionen in der Gesellschaft beispielsweise als schwach, unberechenbar oder gefährlich angesehen. Die Folgen von Stigmatisierung psychischer Erkrankungen wie Depressionen, sind u. a. eine verspätete oder verhinderte Inanspruchnahme professioneller Hilfe durch Angst, Scham oder Isolation. Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen ist ein weltweites Problem, weswegen die Entstigmatisierung national und international einen großen Stellenwert im Bereich der öffentlichen Gesundheit einnimmt. Doch was genau kann getan werden?
Wie kann man dem Stigma entgegenwirken?
Um das öffentliche Stigma von psychischen Erkrankungen zu vermindern, wurden in der Forschung drei Vorgehensweisen identifiziert: Protest gegen falsche Darstellungen psychischer Erkrankungen, Bildung bzw. Aufklärung zur Vermittlung von Fakten und Kontakt zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Menschen mit psychischen Erkrankungen, um Vorurteile abzubauen. Verschiedene Antistigma-Kampagnen versuchen durch Workshops, Seminare, Vorträge und medienbasierte Öffentlichkeitsarbeit das Wissen über und die Einstellung von psychischen Erkrankungen der Bevölkerung zu verändern.
Und was kannst du persönlich gegen Stigmatisierung unternehmen? Hinterfrage deine eigenen Vorurteile, die du vielleicht aus Hollywoodfilmen, Zeitungsberichten oder vorherrschenden Klischees übernommen hast. Versuche Menschen mit psychischen Erkrankungen vorurteilsfrei zu begegnen. Informiere dich über das Thema, indem du zum Beispiel ein Buch liest oder eine Dokumentation anschaust.
In Amerika ist es beispielsweise vollkommen normal einen „Coach“ zu haben – für den Sport, die Beziehung, das Business oder die mentale Gesundheit. Ein Coach wird dort wertgeschätzt und auch in Deutschland erhält Coaching immer mehr Einzug. Doch bei psychischen Erkrankungen wie einer Depression reicht ein Coaching alleine oft nicht aus. Durch Inanspruchnahme professioneller Hilfe können die Beschwerden der psychischen Erkrankung gelindert und die Lebensqualität verbessert werden. Du kannst eine „Psychotherapie“ also als Behandlung der Seele ansehen. Wir gehen schließlich auch mit einem gebrochenen Arm zum Arzt.
Im Folgenden erfährst du, ab wann es ratsam ist, sich professionelle Hilfe zu suchen und welche Anlaufstellen es gibt.
Frühzeitige Erkennung und Behandlung
Frühe Anzeichen einer Depression sind häufig unspezifisch. Mögliche Symptome sind beispielsweise unspezifische Kopf- oder Bauchschmerzen, Energiemangel und ständige Müdigkeit, Lustlosigkeit und Apathie, Ängste und Schlafstörungen.
Wenn du dich im letzten Monat häufig und grundlos niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos gefühlt hast und deutlich weniger Lust und Spaß an Dingen hast, die du sonst gerne tust, dann kann das auf eine Depression hindeuten. In diesem Fall ist es ratsam deine Beschwerden mit einem Arzt oder einer Ärztin zu besprechen.
Eine frühzeitige Diagnose hilft bei der erfolgreichen Behandlung. Bei leichten Anzeichen einer Depression kann nach Absprache und unter Beobachtung mit einer Behandlung gewartet werden. In einigen Fällen klingen die Symptome von alleine wieder ab. Unterstützend können Vitamin D- und Johanniskraut-Präparate helfen. Sport und Bewegung wie Spazierengehen, Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen oder Yoga können die Stimmung und den Antrieb steigern. Ergänzend sind auch Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelentspannung oder autogenes Training geeignet. Bei der Winterdepression wird eine Lichttherapie mit einer speziellen Lampe angewendet. Mittelgradige und schwere Depressionen können mit Psychotherapie oder bei Bedarf ergänzend mit Antidepressiva gut behandelt werden.
Wo gibt es Hilfe?
Erste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner können der Hausarzt oder die Hausärztin, eine psychosoziale Beratungsstelle oder direkt eine psychotherapeutische Praxis sein. Falls du bei den Praxen keinen Termin bekommst, kannst du dich an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wenden. Diese vermittelt verfügbare Termine zu einem Erstgespräch bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Sie ist unter der Telefonnummer 116117 sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag zu erreichen. Weitere Informationen findest du hier.
Auch am Arbeitsplatz gibt es Hilfsangebote: So können sich Betroffene zum Beispiel im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht an den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin wenden. Auch Employee Assistance Programme (EAP), die extern angesiedelt sind, bieten unabhängige und ganzheitliche Unterstützung sowie Beratung bei Depressionen. Auch die freiwillige Teilnahme an einem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) ist möglich, wenn Arbeitnehmende innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Beim BEM können dann gemeinsam die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit herausgefunden und Lösungsansätze erarbeitet werden.
Wie kann der Umgang mit Depressionen gelingen?
Was kann ich tun, wenn ich betroffen bin?
- Kontakt zu Familie und Freundeskreis halten (z. B. einen festen Termin in der Woche vereinbaren)
- In Bewegung bleiben (z. B. Spazierengehen, Fahrradfahren)
- Routinen haben (Festen Alltagsstrukturen folgen)
- (Professionelle) Hilfe annehmen
Was kann ich für andere Betroffene tun?
- Verständnis und Geduld aufbringen
- Die Erkrankung ernst nehmen
- Hilfe bei der Suche nach professioneller Hilfe anbieten
- Da sein und zuhören
- Auch auf dich selbst achten und dir, wenn nötig, selbst professionellen Rat holen